Isolation Berlin im Wiener Rhiz.

Wenn man an die Berliner Musikszene denkt, schweifen Gedanken schnell einmal ab: Elektronische Musik, elitäre individuelle Technobunker und schwarzgekleidete DJ’s mit dunklen Brillen. In Anbetracht dessen wird oft aus den Augen verloren, dass die Hauptstadt Deutschlands in ihrem Fassettenreichtum auch Geburtsstätte zahlreicher Rock- und Punk-Bands ist: Die Ärzte, Ton Steine Scherben, Element of Crime, Einstürzende Neubauten usw. usf. Daraus schließen wir: Berlin ist partout eine Wiege großartiger Bands und (musikalischer) Trends. Am Donnerstag dem 5. Mai 2016 hatte ich die Möglichkeit ein Konzert DER deutschsprachigen „Newcomer-Band“ schlechthin besuchen zu können: Isolation Berlin. Die vierköpfige Formation, bestehend aus Tobias, Max, David und Simeon, gastierte in dem ausverkauften Wiener Gürtel-Lokal Rhiz.

Isolation Berlin

„Newcomer-Band“ ist im Grunde ein blödes Wort, weil es an BRAVO-Artikel und an One-Direction-eske Boybands erinnert, und eigentlich gar nicht so passend ist – zumindest nicht, wenn es darum geht, was die Jungs machen. Thematisch werden nämlich keine neuen, sondern altbekannte Themen wieder aufgegriffen und abgehandelt: Liebe, alte Liebe, neue Liebe, Sehnsucht, Melancholie, Leidenschaft und Alkohol. Auf musikalischer Ebene kommen hie und da Vergleiche mit dem König Rio Reiser oder auch Joy Division auf. Eine Mischung aus Wave, Punk, Rock, ein kleines bisschen Indie, verzerrte Gitarren, tanzbare Beats, Texte, die zum Mitsingen und auch intellektuell zum Nachdenken anregen – all das macht Isolation Berlin aus.

Konzert

Isolation Berlin werden ihrem Namen gerecht – zumindest was die Bühnenpräsenz tangiert, nämlich isoliert in sich selbst. Während des gesamten Konzerts war es schwer Blickkontakt mit den Jungs zu halten, oder genauer: aufzubauen. Sporadisch hat Tobias Bamborschke, der Sänger der Gruppe, in die Menge geblickt, das allerdings mit einer Leere, Tristesse und zugleich Sehnsucht, die einem Ian-Curtis-Blick, wenn man so will, durchaus nahekommen könnte. Die Bühne hat, wie mir scheint, quasi als Schutzhülle oder imaginärer Käfig fungiert, der, trotz der recht niedrig platzierten Stage, Künstler von Fans dennoch spürbar trennte. So eine melancholische Zurückgezogenheit ist ja was interessant Schönes, mag aber nicht jedermanns Geschmack treffen. Neben Anmerkungen wie „Das ist Berlin!“, was ich durchaus als positiv auffasse, konnten auch negativere Kritiken wahrgenommen werden – „So ein Scheiß.“.

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Gedauert hat das Konzert leider nicht viel mehr als eine Stunde, was deutlich kürzer war als erwartet. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Band in ihrer Isoliertheit auch keine größere Interaktion mit dem Publikum pflegen wollte.

Musikalisch war das Ganze weniger „grau in grau“. Isolation Berlin sind dafür bekannt, melancholische Texte mit spritzigen Melodien zu verfeinern. In Live-Shows werden Soli in die Länge gezogen und mit tanzbaren Beats um eine Spur noch poppiger getuned. Das hat sich spürbar auf das Publikum ausgewirkt und somit eine tanzende Meute evoziert – teilweise zumindest. Außerdem ist Tobias’ Stimme eine Besonderheit für sich selbst – rau und abgefuckt, aber zugleich auch klar und deutlich. Sein punkeskes Organ sorgt für den Wiedererkennungswert der Band. Und so schön die Stimme auf Studioaufnahmen erklingt, so viel schöner ist sie während Live-Shows.

*Anm.: Vielen lieben Dank an das Team von Isolation Berlin für die problemlose Ermöglichung.
**Foto und Text – (c) Clarissa Berner

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